Beim Schiedsrichtern bemerke ich immer wieder, dass einige Begriffe nicht von allen als das verstanden werden, was wir darunter verstehen. Das richtige Aktivieren von Karten, die Erbringung von Kosten und wie und wann Effekte aufgelöst werden sind hier Hauptpunkte.
Eine falsche Anwendung von Kosten und dem Auflösen von Ketten kann schon einmal unnötige Informationen preisgeben oder mögliche Chancen zur Reaktion verpassen lassen. Daher ist das Wissen um diese Grundbegriffe notwendig, um wirklich erfolgreich zu spielen.
Aufbau des Kartentextes
Zum Gesamtthema hat Konami sich mit dem Problem-Solving Card Text („PSCT“) etwas erstellt, dass uns weiterhelfen wird. Eine sehr anschauliche Artikelserie zum PSCT hat Konami in englischer Sprache veröffentlicht, den ersten Teil sogar auf Deutsch. Mit diesem werden Karten verständlicher aufgeteilt in Aktivierungszeitpunkte, Kosten und den tatsächlichen Effekttext. An diese Erklärung werde ich mich im Folgenden halten. Ebenfalls empfehlenswert sind die Artikel „die neuen Kartentexte“ Teil 1 und Teil 2 von „soulwarrior“ auf etcg.de.
Aber fangen wir doch einfach an. Eine bekannte und beliebte Karte ist Dimensionsgefängnis. Mit ihrem aktuellsten Reprint hat sie auch den PSCT erhalten:
Wähle das Monster;
verbanne das gewählte Ziel.
Eine andere durchaus bekannte Karte ist Todeswache:
Du kannst diese Karte von deinem Friedhof verbannen;
annulliere 1 Angriff von einem Monster, das dein Gegner kontrolliert.
Ich habe diese beiden Karten gewählt, um generelle Erkennungszeichen des Textes vergleichen zu können:
Aktivierungszeitpunkt: Alles vor einem Doppelpunkt („:“) beschreibt den Aktivierungszeitpunkt oder die Aktivierungsvoraussetzung. Beim Dimensionsgefängnis ist das die Angriffsdeklaration. Eine Aktivierung vor oder nach einer Angriffserklärung ist nicht möglich, nur direkt auf diese Erklärung (beziehungsweise in derselben Kette, wenn mehrere Effekte greifen wollen). Bei der Todeswache dagegen ist es ausreichend, im Spielzug des Gegners zu sein. Todeswache kann dort nahezu nach Belieben aktiviert werden, bis es zum tatsächlichen Angriff kommen soll.
Kosten und Zielen: Beides steht in dem Nebensatz direkt vor einem Semikolon („;“). Dimensionsgefängnis fordert dazu auf, ein Monster zu wählen (= zielen). Todeswache wird dagegen als Kosten aus dem Friedhof verbannt. Beides – Zielen und das Erbringen von Kosten – geschieht direkt bei der Aktivierung, BEVOR der Gegner überhaupt anketten kann. Erst wenn das Ziel benannt und die Kosten erbracht sind, darf der Gegner entscheiden, ob er auf die Kartenaktivierung reagieren möchte.
Auf alten Karten erkennt ihr die Kosten an den Formulierungen „erbringe Kosten Z, um“ oder „mache Y, indem du Kosten Z erbringst“. Das „um“ beziehungsweise „indem“ waren hier die Schlüsselbegriffe, die auf Kosten hinwiesen.
Effekttext: Jetzt wird es einfach: Alles, was weder direkt vor einem Doppelpunkt noch vor einem Semikolon steht, ist der reine Effekt. Der findet, insofern er nicht permanent ist, erst in der Auflösung der Kette statt. Dein Gegner kann also an den Effekt ketten oder ihn mit einer passenden Karte negieren.
Wenn es sich um eine Beschwörung eines Monsters handelt, bedeutet das Fehlen von Komma und Semikolon, dass es eine interne Beschwörung ist. Oder anders herum: Sobald Komma oder Semikolon im Beschwörungstext stehen, ist die Beschwörung extern durch einen Effekt.
Soweit die Theorie. Jetzt zum Wichtigen:
Wozu hilft mir das Ganze?
Ich habe es schon anklingen lassen: Wenn nicht richtig gespielt wird, kann man schnell unfreiwillig Informationen preisgeben, oder es werden zustehende Informationen nicht rechtzeitig bekannt. Ein Beispiel ist Kartenzerstörung in der neuen Übersetzung der Legendary Collection:
Und, wer hat die Kosten gefunden? – Richtig, es gibt kein Semikolon, damit auch keine Kosten. Wer hier vorschnell seine Hand vorzeigt, kann Informationen vorzeitig zeigen. Bestes Beispiel wäre zum Beispiel ein „Mind Crush“, das der Gegner noch aktivieren wollte. Das Ganze endet dann oft in Verwirrung, ob der eine Spieler zu schnell gespielt hat oder ob der Gegner pfuschen (was einer Disqualifikation entspricht) wollte. Mit dem Wissen erspart ihr euch unnötige Nachteile.
Ein anderes Beispiel ist „Nixenrüstung Abyssmegalo“:
beschwöre diese Karte als Spezialbeschwörung von deiner Hand.
Wenn du dies tust:
Du kannst deiner Hand 1 „Abyss“-Zauber-/Fallenkarte von deinem Deck hinzufügen. (…)
Das Abwerfen der Wasser-Monster sind also Kosten, denn sie befinden sich vor dem Semikolon. Demnach musst du immer abwarten, welche beiden Karten dein Gegner abwirft. Erst dann darfst du überhaupt Karten anketten.
Beispiel: Du hast 1 „Ernste Warnung“ und 1 „Spiegelkraft“ verdeckt. Sind die abgeworfenen Wasser-Monster 2 „Atlantischer Scharfschütze“, wirst du „Ernste Warnung“ auf Abyssmegalo aktivieren wollen. Schließlich werden dir die Scharfschützen sonst sowohl die Spiegelkraft als auch die Ernste Warnung nehmen, und der Megalo greift dich direkt an. Wirft der Gegner dagegen „Genex Undine“ und „Atlantische Dragoner“ ab, sind deine Fallen sicher. Du kannst gemütlich abwarten, bis der Megalo in die „Spiegelkraft“ rennt.
Außerdem sehen wir am Megalo eine weitere Sache: Sein Beschwörungstext enthält ein Semikolon. Das – wie auch ein Doppelpunkt – ist im neuen Text das Anzeichen dafür, dass die Beschwörung durch einen Effekt als so genannte „externe Spezialbeschwörung“ geschieht. Das Gegenteil hierzu sind „interne Beschwörungen“, die durch Mechaniken (Synchrobeschwörungen, Xyz-Beschwörungen, Kontaktfusionen) oder durch einen einfachen Bedingungstext (OHNE Semikolon & OHNE Doppelpunkt) geschehen. Ihr seht also – externe und interne Spezialbeschwörungen können nun sehr einfach durch schnelles Gucken nach Satzzeichen gefunden werden. Aber wozu?
Auch das ist schnell geklärt: Es gibt Karten, die können nur interne Spezialbeschwörungen verhindern. Beliebte Beispiele sind „Donnerkönig Rai-Oh“ und „Feierliches Urteil“. Beide Karten können keine Monsterffekte aufhalten, sondern nur interne Spezialbeschwörungen. Ein Donnerkönig kann also erst einmal nichts gegen die Spezialbeschwörung von Megalo ausrichten. Andere Karten, wie beispielsweise „Entlarven“ oder „Evolzar Dolkka“, richten sich gegen die Aktivierung von Effekten. „Entlarven“ kann also gegen Atlanten & Nixenrüstung eine interessante Wahl sein.
Zum Vergleich noch einmal der gute, alte Cyberdrache, der auch mit neuestem Text eine interne Spezialbeschwörung bleibt:
Kein Doppelpunkt, kein Semikolon: Wir haben eine interne Spezialbeschwörung!
Zusammenfassung und Schluss
Wir haben heute also die Grundlagen gelernt, um etwas besser zu verstehen, wie unsere Karten funktionieren. Wir haben Aktivierungszeitpunkte vor dem Doppelpunkt, Kosten und Zielbestimmungen vor dem Semikolon, und den tatsächlichen Effekt erst an letzter Stelle innerhalb eines Effekt-Satzes. Ebenso wissen wir nun, wie interne und externe Beschwörungen auseinander gehalten werden können.
Bitte beachtet, dass es sich bei diesem Artikel um mein Wissen zum aktuellen Zeitpunkt handelt. Sollten Konami, das Regelbuch oder ein Kartentext jemals etwas anderes aussagen, als es hier steht, dann haben diese natürlich alle Vorrang. Ebenso können sämtliche Head Judges auf dieser Welt grundsätzlich anders entscheiden, da sie die jeweils höchste Instanz auf einem Turnier sind. Wer daran interessiert ist, weitere Mechaniken zu verstehen, dem empfehle ich die Zusammenfassung der häufigen Regelfragen auf etcg.
Ich hoffe, der Artikel war soweit für jeden verständlich. Wenn nicht, dann lasst es mich im Feedback wissen. :)